Weite
Die Weite der Mojave-Wüste, staubig, trocken, heiß, mit einem Meer der eigenartigen Joshuatrees und durchaus nicht so unbewohnt, wie diese scheinbar unwirtliche Gegend vermuten lässt,
die Weite der Nevada-Wüste hinter Las Vegas, ein Salzsee, 3 Tankstellen ohne Benzin, gerade da, wo es nötig ist – wir können die 50 Meilen bis zur nächsten funktionsfähigen gottseidank noch zurücklegen –
die Weite der Prairie – herrliches Grasland, die Kühe in der Ferne kleine schwarze Stecknadelköpfe, endlich Wolken, die ein Drama aufführen auf der Bühne des tiefblauen Himmels, die uns erlauben, endlich ab und an in ihrem Schatten und Schutz zu fahren, und uns kühlen nach all der Hitze, all dem Schweiß,
die Weite des Canyonlands, der Painted Desert, des Navajolandes,
sie lässt sich einfach nicht so, wie sie sich vor uns auftut, im Foto wiedergeben. Allzu nah sind die Begrenzungen des Rechtecks oben und an den Seiten. Und doch will man sie bannen, festhalten das Gefühl der Freiheit, konservieren für immer und mitnehmen in zukünftiges Leben. Unseren Augen, an das dicht besiedelte Europa gewöhnt, nach Senkrechten suchend, eröffnet sich hier ein Land – tagelang, wochenlang fahren wir hindurch – das alles Weltgeschehen vergessen lässt.
Kein Wunder, sagt man den Amerikanern nach, sie würden nicht über ihren eigenen Tellerrand gucken. Ihr Teller ist soooo groß………………
Die Weite ist mehrdimensional. Sie dringt in deine Seele. Es ist eine andere als die afrikanische. Sie ist, obwohl neu, so seltsam vertraut. Sie ist überwältigend, und doch wirkt sie beschützend. Und die Indianer haben sie verehrt, diese riesige Mutter Natur – die uns alle in ihrer Hand hält und nährt und liebt, obwohl wir sie doch so plagen – mit ihrem Flötenspiel, ihren Gesängen, ihren Tänzen, ihrer Spiritualität, die diese Weite vermittelt. Und wir bekommen eine Ahnung, was sich in ihren Seelen abgespielt hat, was uns in unserem technisierten, pekuniär ausgerichteten Alltagsleben fehlt, nämlich Geborgenheit, Dankbarkeit und tiefe Demut.