Verblühter Glamour – Hollywood

Thousand Oaks heißt die grüne Stadt, ca 40 Meilen vor Hollywood liegt, in der wir wieder im Motel 6 unterkommen, das zwar großartig mit freiem Wifi wirbt, uns aber wegen Eigenwerbung ständig aus der Leitung wirft. Aber es ist sauber und gut. Wir haben den Tipp von David und Meli, die auf ihrer Hochzeitsreise vor 5 Jahren auch dort abgestiegen waren.

Am nächsten Morgen – mal wieder in einem richtigen Bett geschlafen; auch schön – stürzen wir uns mit unserer Harley ins Getümmel, d.h. in den Stau bis nach Los Angeles, der schon vor unserer Haustür beginnt. Aber Martin schlängelt uns zwischen den zähflüssig fahrenden bis stehenden Karossen (oh, es gibt so wundervolle Autos hier mit traumhaft jungen, gut aussehenden Menschen drin) hindurch, und wir gelangen, überraschend schnell angesichts dieses Verkehrsaufkommens, prompt mitten auf dem Hollywood Boulevard und Walk of Fame. Die roten Sterne erstrecken sich ins Unsichtbare. Da Mel Brooks gerade seine wertvollen Hände am Chinese Theater in Zement verewigt, ist es rundherum mit Body- und anderen Guards abgeschirmt. Wir parken die Maschine neben dem Simpsons-Stern 🙂 und besteigen einen Sightseeingbus, der uns durch die einschlägigen Attraktionen Hollywoods – Sunset Strip, Beverly Hills, Rodeo Drive… fährt.

Leider haben wir nicht die Star-Tour, sondern die Star-Shopping-Tour erwischt und werden von einer zarten deutschen Frauenstimme via Kopfhörer auf sämtliche Shoppingmalls der Reichen und Schönen aufmerksam gemacht. Zuerst unterbrechen wir am Sunsetstrip und trinken einen Espresso. Die Lokale der berühmten Film- und Musikstars, sozusagen die Wiege ihrer Karrieren, sehen ziemlich runtergekommen aus. Dazwischen stehen Bürohäuser, und an jeder Kreuzung gibt es riesige Plakatständer, die auf die neuesten Filme hinweisen.

Allerdings fahren die modernsten bulligen Wägen an uns vorbei.

Witzig war ein Chicken- Imbiss, vor dessen Eingang einst der junge Brad Pitt als Huhn verkleidet die Kunden ins Lokal gelockt hat. Rasante Karriere, kann man da nur sagen. Eine blonde, aufgetakelte, tätowierte Tussi (wandelnde Bilderbücher gibt es jede Menge in diesem Land) bittet an der Fußgängerampel einen gepfllegteren Dreadlockman anbiedernd, ob er ihre Coversingerei produziert, und verschwindet mit ihm hinter einer schäbigen Tür, die in einen Club führt. Überhaupt findet man viel billiges Geglitzer, Abklatsch des Glamour, sowohl an den Einheimischen wie in den ausladenden Souvenirläden und natürlich den Touristen.

Ich kann verstehen, dass die großen Produktionsstudios wie Columbia oder MGM etc. ihre Lager inzwischen woanders aufgeschlagen haben. Wir steigen wieder in den Sightseeingbus und weiter gehts nach Beverly Hills. Dort ist alles sehr sauber, der Boulevard edel angelegt, die Villen hinter riesigen Gartenanlagen, exotischen Bäumen und Mauern versteckt. In die Seitenstraßen fährt unser Bus nicht. Und so erfahren wir nicht, wo und wie Tom Cruise, Lady Gaga und der schöne George Clooney wohnen.

Dafür gleiten wir durch den Rodeo Drive, die teuerste Einkaufsmeile der Welt. Alle Luxusmarken sind vertreten, und aus dem gelben Haus, dem teuersten Laden der Welt, vor dem ein gelber Rolls Royce parkt, geht keine Kundin( Nicole Kidman gehört dazu) unter 100 Tausend Dollar raus. Wohldem, der es kann.

Ich überlege, ob ich das nicht unanständig finden soll angesichts des Elends, das es auch in der Stadt gibt. Man sieht viele heruntergekommene, durch Drogen, Alkohol und Armut Gestrandete, wenn man einen Blick dafür hat.

Wir fahren weiter durch das moderne Hollywood, vorbei an toller Architektur und dem riesigen Kunstmuseum, das mit 300 Tausend Exponaten wir uns aus Zeitmangel verkneifen müssen. Wir fliegen mal her und gehen 3 Tage rein 🙂

Am Farmers Market steigen wir wieder aus und eilen unter die Überdachung der Markthallen. Es hat immerhin 94° Fahrenheit, was 34°Celsius entspricht. Nachdem wir in der Fressmeile x Chinesen, Koreaner, Italiener… gecheckt haben, entscheiden wir uns für einen Brasilianer mit Salatbuffet und etlichen gegrillten Fleischsorten. Endlich mal wieder was Gescheites, nach den Fastfood-Anbietern, die halt für uns meist in Reichweite liegen, aber nur 1x pro Tag. Zurück am Bus stellt Martin fest, dass er unsere Tickets verloren hat. Mit den Kopfhörern können wie uns ausweisen bei dem netten mexikanisch-stämmigen Busfahrer, und er nimmt uns die ca 3 Meilen zurück zum Ausgangspunkt mit. Wenn wir das hätten laufen müssen in der Hitze, oder uns in das hiesige Stadtbussystem einarbeiten… Zurück am Walk of Fame trinken wir noch was und besuchen einen der riesigen Hollywood-Devotionalien-Shops. Marilyn Monroe, Elvis und Michael Jackson lächeln uns von T-Shirts, Tassen, Plastikbechern, Bleistiften und so fort an, meistens noch mit billigen Glitzersteinen umflort, dominante Farbe Pink. „Tand, Tand ist das Gebilde von Menschenhand.“ (Theodor Fontane). Die Heimfahrt wird heiß, sehr heiß. Eine Schleierwolkendecke am Himmel, die dünn genug ist, die erbarmungslos aufheizenden Sonnenstrahlen durchzulassen, aber dick genug, die Hitze darunterzuhalten. Wir fahren in Kormoran Stellung – Flügel weit ausgebreitet, damit der Fahrtwind durch die Ärmel streichen kann und – vielleicht – den Rücken streichelt. Was aber, wenn der Fahrtwind so heiß ist wie jetzt, wenn wir an Ampeln und im Stau immer wieder halten müssen? Nach gut 1Stunde, im Schweiße nicht nur unseres Angesichts erreichen wir unser Motelzimmer, das uns liebevoll kühl umfängt.

Warum haben so eine Harley und Schuberthelme nur keine Klimaanlage…?

Das neue Hollywood ist schön. Aber die glorreichen Zeiten der Filmkunst ist in dieser Stadt vorüber und findet gegenwärtig mit Sicherheit woanders statt.

Den Moloch Los Angeles ersparen wir uns. Es ist einfach zu heiß. Dennoch verlängern wir um einen Tag. Malibu und Venice Beach locken.