There is a second House…

Unser nächstes Airbnb-Quartier wird von Sandra und David vermietet, beide in den 40ern. Sandra besitzt Laut Airbnb-Profil wohl viele Talente, hat schon alles mögliche an Kunst, sozialen Jobs und Tingelei unternommen, hat das Haus hier gemietet und verdient den Unterhalt durch die Airbnb – Untervermietung, zusammen mit David, der ein Poet ist, wie er im Buche steht, irgendwie nicht von dieser Welt, ein interessanter, sympathischer Intellektueller irischer Abstammung mit betont langsamer dezidierter Sprechweise (es ist so schön, endlich kann ich der englischen Sprache mal leicht folgen) …. und ein Skorpion! David hat vor einigen Jahren seiner exzessiven Drogen- und Alkoholkarriere mit Willenskraft ein Ende gesetzt, als seine Tochter geboren wurde, die er in 6 Jahren nur wenige Male sehen durfte. Er hat einen Gedichtband herausgegeben, auf den wir sehr gespannt sind, denn wir haben ein Exemplar gekauft. Die nächste Ausgabe plant er in 10 jahren denn er ist Perfektionist, wie er sagt. Auch er kann von seiner Kunst nicht leben (heute wie damals besteht wenig Interesse an der Dichtung, man denke an Spitzwegs Bild „Der arme Poet“).

Wir sitzen oft zusammen und plaudern über Gott und die Welt, er weiß viel und erzählt durchaus interessant. Er bewohnt das hintere Zimmer der unteren Wohnung mit eigenem Eingang und füttert in seinem Gärtchen die drei Opossums von Sandra, die resolut, aber ziemlich reserviert ist. Ich denke, es geht ihr nicht gut.

Derzeit sind noch zwei Paare hier unten einquartiert, ein junges italienisches Paar im Nebenzimmer, ein Studentenpärchen schläft hinter einem Vorhang im Wohn- und Durchgangszimmer. Das Bad teilen wir uns alle. Sandra jedoch wohnt im 1. Stock und vermietet wohl oben auch. Das Holzhaus ist über 100 Jahre alt, liebevoll von den beiden renoviert und geschmackvoll eingerichtet, besitzt Charme. Wir fühlen uns auch hier wohl.

MENSCHEN

Im Nachbarhaus wohnt ein Typ mit seiner Frau, dessen Rücken mit zwei gekreuzten Pistolen tätowiert ist, und der auch Motorrad fährt. Die beiden leben auch von Airbnb und von seinem 3-Tage-Job. Der Typ ist total abgefahren! Gegenüber der Straße um die Ecke befindet sich ein verwildertes Grundstück. Wir sehen ihn eines Nachmittags dort Stunden das hohe Gras mähen. Auf die Frage, ob es ihm gehöre, antwortet er, es gehöre „some girl“, und er könne die Unordnung nicht sehen. Darum macht er das. Am nächsten Tag hat er sich dann die im Maschendrahtzaun verwickelten Schlingpflanzen vorgenommen, die er auch nicht sehen kann.

Abends erzählt er, er und seine Frau wollten nicht mehr in Florida leben. Sie haben eine Münze geworfen: Georgia oder New Orleans. Die Münze fiel auf Georgia. Dann haben sie alles verkauft und sind nur mit Computer, Fernseher, seinem Werkzeug, seiner Angel und einem Zelt im Pickup nach New Orleans gefahren. 2 Wochen haben sie weit draußen in den Sümpfen und deren Mückenplage am Mississippi ausgeharrt, sind täglich hierher in die Stadt gefahren und haben gesucht, bis sie eine Bleibe gefunden haben. Das ist bei uns doch undenkbar!

Aber was wir so sehen und hören, ist New Orleans voll von solchen Existenzen…

Wir haben noch eine interessante Begegnung:

Marco aus Bologna, unser Nachfolger in Taylors Haus. Er sieht ein bisschen dem Schauspieler Christoph Waltz ähnlich, hat Musik am Konservatorium studiert – Klarinette und Saxophon -, ist hier auf Urlaub und spielt in Jamsessions mit. Und er hat eine Freundin in der Nähe von Stuttgart. Wir haben einen sehr unterhaltsamen Abend und gute Gespräche mit ihm! Und er ist endlich mal ein Italiener, der Berlusconi nicht mag.