Is this the way to….?

Yes, it is…Amarillo.

Wir starten morgens in Tucumcari. Die Interstate führt an der holprigen Route 66 entlang. Wir entscheiden uns für die besseren Straßenverhältnisse, haben wir doch meistens die „Motherroad“ im Blick. Nur 2x verlassen wir die Autobahn, um historische Luft zu atmen. Einmal geraten wir in das gänzlich verlassenes Nest Glenrio, die Häuser dem Verfall preisgegeben.

Ein paar Meilen weiter der markante Mittelpunkt der Route 66, ein Muss für den Harleyfahrer. Der Diner dort ist im 50er Stil eingerichtet und beschert uns eine nette Pause.

Ich kann mich nur schwer bewegen. Mein Kreuz hat wohl Zugluft abgekriegt. Aber auf dem Motorrad muss ich ja keine Turnübungen machen. Also ächzend wieder aufsteigen und weiter gehts nach Texas. (Keine Angst. Wir kommen nicht nach Dallas und stecken uns nicht mit Ebola an.) Das Land verändert sich. Ewig weite Ebenen ohne Baum oder Strauch…Äcker, Felder, Wiesen, Ranches…thats it. Die einzigen Erhebungen: Strommasten, die typisch amerikanischen Windräder wie aus dem Western, Windanlagen, Silos – und Kühe, Kühe, Kühe.

Eine Rinderfarm passieren wir, in den Pferchen am Straßenrand Hunderte von Tieren. Ein entsprechender Geruch schleicht unter unsere Helme. In der Gegend um Amarillo werden sage und schreibe 25% der Rinder für die  USA „produziert“, wie es so schön heißt, und die bestimmt nicht alle auf der Weide. So viel Leben und Leiden für Messer und Gabel. Es bedrückt mich. Dabei könnte ich dauernd Kühe fotografieren, die schönen Tiere, wie sie friedlich um die Wasserstellen grasen, mit ihren großen, treuen Augen…

Kurz vor Amarillo eine kleine merkwürdige Ansammlung von buntem Irgendwas auf einem Feld. Nach den ??? im Kopf kann ich Martin noch rechtzeitig zur Ausfahrt dirigieren: Es ist die Cadillac-Ranch, das Kunstwerk eines Milliardärs, das der Besucher, sofern er Farbdosen mitbringt, selbst verändern darf. Welche zu kaufen hatten wir eigentlich vor, dachten aber nicht, das Feld schon vor Amarillo zu erreichen. Martin hatte nur ein Graphitspray, das fast farblos runterlief. Na gut, konnte er sich halt nicht verewigen wie die anderen Besucher.

Zum KOA- Campingplatz müssen wir Meilen um die Stadt herum, an den Einkaufszentren vorbei, Richtung Airport. Ein schöner Platz, Weite vor dem Auge, der Schatten etwas dürftig wegen der gestutzten Bäume, sauberste Sanitäranlagen… Zelt aufbauen, Matratzen aufpumpen, Schlafsäcke drauf, fertig. Noch ein Schlückchen vor dem Schlafen, ab in die Falle. Haben heute viele Meilen gemacht.

Die Krabbelei ins Zelt macht mir große Mühe. Endlich liege ich, anfangs weich, plötzlich aber entweicht die Luft, und ich verbringe die Nacht auf hartem Boden mit wenig Schlaf, wie man sich denken kann. Den rauben zusätzlich der Lärm der Trucks auf der nahen Interstate, die auch nachts startenden und landenden Düsenjäger und Flugzeuge am nahen Airport und vor allem die Züge, v.a.Viehtransporte, die – in Sichtweite – alle 15 Minuten 4-5mal lautest tuten, da sich grad da ein Bahnübergang befindet, um danach mit mords Getöse ihre nicht weniger als 100 Güterwaggons über die Schwellen zu ziehen.

Aber es soll noch eins draufgesetzt werden: Um halb 5 Uhr morgens bricht ein Sturm los, der uns fast das Zelt zerschlägt. Wir harren ja eine Weile aus, stemmen unsere Füße gegen die Zeltwand, aber wie lange kann man Windstärke 6-7 so ungeschützt Widerstand leisten? Fluchtartig schleppen wir bei Sonnenaufgang das Zeug zu einer Hütte, die wir für die nächsten 2 Tage mieten, denn der Sturm wird den Wetterbericht bestätigen und bleibt uns erhalten. Zuerst muss ich mich erstmal im Schlafsack, dann unter der heißen Dusche wärmen.

Ich fürchte mich vor dem Motorradfahren, aber Martin stemmt die Maschine tapfer gegen den Wind, während wir uns über die das flache Land durchtrennenden Straßen, über die der Sturm ungehindert fegen kann, nach Amarillos Stadtkern aufmachen. Ziel: das alte Stück Route 66 – was sonst – mit seinen Trödelläden und Diners. Wir finden die 6th Avenue. Aber wo ist die Mall? Fast lauter verlassene, zugenagelte, runtergekommene Häuser zwischen riesigen unübersehbaren Lagerhallen…

Tja, wenn man nicht merkt, dass es eine West- und eine Ost- 6th Ave gibt… Die eine ist 2 Meilen von der anderen entfernt, die Strecke führt über die Interstate. Nach länger Zeit werden wir also doch noch fündig und spazieren das kurze Stück mit einem zusätzlichen Besuchs eines riesigen Trödelverkaufslagers.

Die im Reiseführer erwähnte Fußgängerzone finden wir gar nicht. Zwischen den paar Hochhäusern so gut wie kein Leben. So beschließen wir, im größten Texan Cowboy Steak Restaurant zu essen, allerdings nicht das 2-Pfund-Steak, das der, der es mit Beilagen innerhalb einer Stunde verdrücken kann, umsonst bekommt. Wer nicht, muss 55 $ zahlen. Wir werden nicht Zeuge einer solchen Herausforderung und die Bühne, auf der das große Fressen stattfindet, bleibt leer. Dafür herrscht Hofbräuhausstimmung, nur mit Countrymusik, und das Sirloinsteak, von hübschen Cowgirls serviert, schmeckt schon lecker. (Ich verdränge…) Und der Krautsalat!!!

Am folgenden Tag, nachdem wir nicht nur eine, sondern zwei neue Luftmatratzen für mich gekauft haben, was mir das Zelten künftig wesentlich angenehmer machen wird, und endlich einen warmen Schlafsack für Martin – jede Askese hat mal ein Ende -, peilen wir den Palo Duro Canyon an, 30 Meilen entfernt. Die Straße führt uns an riesigen Feldern, Kuh- und Pferdeweiden entlang. Zwischendurch Ställe enormen Ausmaßes. In den vorbeifahrenden Pickups trägt jeder Texaner einen Cowboyhut. Und das Ranching scheint nach wie vor die Nr.1 in Texas zu sein, zumindest hier in Panhandle, dem Pfannenstiel, wie dieser Landstrich heißt und dessen Bedeutung erst beim Betrachten der Form des Landes Texas klar wird.

Der Canyon ist sehr schön, manche Straßen waren von den Creeks überflutet, und wir müssen mehrmals durch das lehmige Wasser fahren. Ich möchte ein Stück auf dem Komantschentrail laufen. Die Gesteinsschichten, die Pflanzen- und Tierwelt interessieren mich. Ich wage mich ein Stück weiter als Martin, der gelesen hat, dass Klapperschlangen Hochsaison haben, und deshalb zurückbleibt, nicht ohne ein wachendes Auge über mich zu behalten. Bei der Heimfahrt entdecke ich ein richtiges Longhornrind, die hier auch gezüchtet werden, fast doppelt so groß wie eine normale Kuh. Aber es mag mich nicht, will keine Publicity und verschwindet schnell zwischen den Büschen. Aber die Hörner, Wahnsinn!

Dafür gibts ein Foto aus dem Cowboymuseum in Oklahoma City

Als sich der Wind abends wieder deutlich verstärkt, freuen wir uns über unser kleines Blockhaus, Kabin Nr.6.