Auf Wiedersehen in Germany, Elektra Glide und Kokopelli!

Letztes Motorradziel: die Spedition ca 30 Meilen vor New York. Wir wollen New York meiden. Doch plötzlich entdecken wir vor uns die Skyline. Und nicht genug, dass wir unversehens innerhalb New Yorks sind, fahren wir mitten in einen Stau auf vielspuriger Straße: Reparaturarbeiten an der Washington Bridge pressen den Verkehr von 8 auf 4 Spuren zusammen. Es ist wahnsinnig heiß, so um die 39 Grad. Nach mindestens 6 Meilen stehenden Verkehrs führt uns das Navi endlich raus aus den verdreckten, verschmierten, abgebröckelten Mauern. Und siehe da, wir sind mitten in der Bronx, in die wir eigentlich nun gar nicht wollten.

Vorne am Motor steigt Rauch auf: Das Luftfiltergehäuse hat eine handtellergroße Öllache auf den Auspuff gespuckt. Das gibt es doch nicht! Das ganze Jahr hat uns das Motorrad ohne Zicken durch dieses Land getragen, und jetzt 30 Meilen vor dem Endziel soll es uns im Stich lassen? Es wird uns ganz schön mulmig. Wir fahren durch Vorstadtstraßen und Brücken über den altbekannten Hudson. Da, auf der linken Seite eine Motorradwerkstatt. Es stehen jedoch nur lauter „Reisschüsseln“ davor. Aber egal. Wir fahren hin. Der Motor ist heiß und es stinkt. Als wir absteigen, entdecke ich Ölspritzer auf meinem Motorradstiefel. Das Auspuffrohr qualmt. Der Werkstattleiter klärt uns auf: Wenn man lange im Stau gefahren ist, werde der Motor nicht mehr genügend gekühlt und das sich ausdehnende Öl suche sich seinen Weg nach draußen. Es sei aber nicht weiter schlimm. Sei nur eine Schwäche bei Harley. Also ganz wollen wir ihm das nicht glauben. So fahren wir einen McDonalds an, um den Motor abzukühlen, und unsere Kehle ebenfalls. Leider finden wir keinen schattigen Parkplatz, und die Sonne knallt während unseres Aufenthalts gnadenlos auf das Metall. Nichts wars mit dem Abkühlen. Rauchend und müffelnd setzen wir unsere Fahrt fort, jetzt schnurstracks zum nächsten Harleyhändler, der uns allerdings genau das Gleiche erzählt. Aber nun müssen wir uns wenigstens keine Sorgen mehr machen. Nur 2 Meilen sind es jetzt noch bis zu unserem vorgebuchten Motel in Linden, NJ.

Martin hat minutiös das Procedere der letzten Stunden geplant. Also nun Kokpelli leeren, alles ins Hotelzimmer. Dann auf zu Marshalls, 5 Meilen entfernt, 2 große Koffer kaufen. Einer kommt in den Kokpelli, der andere wird oben draufgeschnallt. Dann zurück und das Nötigste für die letzte Woche in New York in die Koffer packen. Der Rest kommt in den Kokopelli. Zelt und Stühle, bisher obenauf, müssen jetzt innen rein, keine leichte Aufgabe. Da will einiges weggeworfen, der Rest ausgetüftelt verstaut werden. Endlich schlafen.

Am nächsten Morgen einen Koffer auf den Kokopelli, beide aufs Motorrad, auf zur Frachtstation. Es ist schwierig, sie zu finden. Und dann ist die Sachbearbeiterin noch nicht da. Ich werde mit einem Koffer abgeladen, Martin fährt zurück zum Motel und holt den zweiten. Nach 45 Minuten ist er dann wieder da. Inzwischen ist auch die Sachbearbeiterin,seine hübsche Polin, die perfekt Deutsch spricht, angekommen. Wir unterhalten uns, bis Martin kommt. Dann werden die Papiere in Ordnung gebracht, das Motorrad wird in den Frachtraum gefahren und wir rufen ein Taxi, um uns zum nächsten Bahnhof fahren zu lassen.

Beladen mit je einem Rollkoffer und Handgepäck erreichen wir nach über einer Stunde im überfüllten Zug die Pennsylvania Station in der Stadt.

https://youtu.be/50ligpUW0pE

Jetzt müssen wir erstmal was essen!

An dieser Station suchen wir uns untertage ein Imbissrestaurant. Nach der Mahlzeit bewache ich die Koffer, während Martin Fahrkarten und einen Subwayplan organisiert.Dann treppauf, treppab, und wir stehen an der alten heruntergekommenen Station und warten auf den A-Train. Da ist er, der Ohrwurm, der mich eine Woche begleiten soll: Die perlende Klavierintroduktion und dann der Einsatz der Saxophone von Duke Ellingtons Version von „Take the A-Train“. Wer es nicht kennt… Youtube spielt es Euch vor. Aber Vorsicht: Man kriegt es schwer wieder aus dem Ohr!

Das Auge wird weniger verwöhnt als geschockt. Alles ist ziemlich vergammelt, verrostet, abgeschlagen, die Eisenträger sehen nicht vertrauenserweckend aus. Hoffentlich stürzt dieser Bahnhof nicht ein! Es ist heiß. Klimaanlage Fehlanzeige. Ein müder Ventilator steht an einer Ecke. Davor versammeln sich schwitzende Menschen, um etwas Kühlung zu suchen. Keine U-Bahn, die wir aus Deutschland kennen, kommt diesem Bunker hier gleich.

Also, wir “ taken“ den A-Train und verlassen die Subway in Nordmanhattan in einem hübschen Latinoviertel direkt am Broadway, mit kleinen Restaurants und Shops und einigen Marktständen, wo billige Kleidung angeboten wird. Drei Minuten rollen wir unsere Koffer noch durch eine Nebenstraße mit sauberen, schönen Stadthäusern aus der Zeit des beginnenden 20. Jahrhunderts, und wir stehen vor einem solchen, in dem wir unser Quartier mit einem wunderschönen Zimmer beziehen. Unser Hausherr ist ein Ire, Barmanager und Fußballfan, der nachts arbeitet und tagsüber schläft. So treffen wir ihn in der Woche nur zweimal.

Uns ist nicht mehr nach Weggehen. Stattdessen richten wir uns gemütlich ein, bleiben zuhause und tanken Kraft für die nächsten ereignisreichen Tage. Wer weiß, was da alles auf uns zukommt!