Route 66 – die Motherroad

Bis zum Bau der Interstate war die 66 die einzige Verbindung zwischen Chicago und Los Angeles mit blühenden Städtchen, die von den durchziehenden Menschen gut lebten. Mit dem Bau der Autobahn begann der unaufhaltsame Abstieg, der sich heute noch in unzähligen Häuserruinen und Tankstellenskeletten  zeigt. Inzwischen jedoch hat ja bekanntlich eine Nostalgiewelle die 66 erfasst, die zu einer richtiggehenden Renaissance geführt hat, von der die Gemeinden profitieren, die an den landschaftlich schönen Streckenabschnitten liegen. Viele, gerade Biker, haben das große Ziel. die gesamte Straße abzufahren. Das haben wir beide nicht, aber immer dann, wenn die Route 66 unseren Weg kreuzt, fahren wir sie, vorausgesetzt sie ist nicht nur ein armseliges paralleles Band in Sichtweite der Interstate.

Wir kommen über den Hoover Dam und stoßen auf eine Landschaft, die bereits das weiter nördlich liegende Canyonland erahnen lässt.

Von Hügeln und Bergen begleitet gleiten wir auf einem perfekt restaurierten Asphaltband dahin und stoppen in Seligman. Der Ort nimmt für sich in Anspruch, für das Revival der Straße maßgeblich verantwortlich zu sein. Einer der Kämpfer für diese Wiederbelebung. Angel Delgado fehlt in keinem Dokumentarfilm über die Motherroad. Er, seines Zeichens Barbier, hat schon Hollywoodgrößen die Haare geschnitten. Sein Barbershop, dessen Wände mit Visitenkarten aus aller Welt bestückt sind, hat sich inzwischen in den umliegenden Räumen zu einer Route 66 Devotionalienhandlung  ausgeweitet.

Leider ist Mr. Delgado nicht anwesend. als wir vorbeikommen, und das Foto muss entfallen. Dafür kaufen wir uns T Shirts und Route 66 Kappe. Der ganze Ort ist mit 66-Reminiszenzen verkitscht, rostige Karossen werden mit Puppen drapiert, die sogar das Dach eines Shops bevölkern.

 

 Na ja! Aber wir kriegen einen guten Espresso und das Feeling, wie es wohl mal gewesen  sein muss, als die haifischflossenverzierten blitzenden Lousinen, Cabriolets, Lastwagen und Pickups hier Halt machten. Abends, schon weg von der 66, übernachten wir in Williams und sind ganz stolz auf unseren neuen Route 66 Aufkleber.

Es ist uns noch gar nicht bewusst, dass wir erst am 30. September  wieder auf die 66 stoßen werden. Von Santa Fe kommend treffen wir sie in Tucumcari New Mexico wieder, einem der Orte, denen man die schlechten Zeiten ansieht: Nicht nur die Straße zeigt die Wunden, welche die Jahrzehnte in ihr Fleisch geschlagen haben, auch die Gebäude sind teilweise schwer versehrt und funktionslos.

Es müssen gut ein Dutzend Tankstellen sein, die an den ca. 4 Meilen Mainstreet stehen, alle in einem mehr oder weniger fortgeschrittenen Stadium des Verfalls vor sich hindämmernd und von der guten alten Zeit erzählend, in der sie alle gebraucht wurden.

Dementsprechend günstig steigen wir im Motel 66 ab, obwohl es im Topzustand ist und die Bauhausarchitektur  der 60er Jahre repräsentiert.

 

 

Auf der Weiterfahrt nach Amarillo Texas bleiben wir lieber auf der Interstate. Zu langweilig und in zu schlechtem Zustand zieht die 66 neben unserer Autobahn her. Vorgemerkt sind der Exit Glenrio und Adrian, der erste führt uns in ein völlig verlassenes Örtchen mit Motelruine,der zweite zum Mittelpunkt der Route 66, der von Chicago und Santa Monica gleich weit entfernt ist. In dem mit den üblichen Devotionalien verzierten Diner kann man lecker essen, was wir auch machen.

Jetzt kann es nach Amarillo weitergehen. Kurz vor den Toren der Stadt entdecken wir die berühmte Cadillac Ranch und stellen fest, dass auch andere fromme Biker hier zugange sind, wie die Aufkleber verraten. In Downtown finden wir erst nach langer Suche die 66 wieder, sind allerdings enttäuscht von dem ramschigen Souvenirladencharakter des vielleicht 4 oder 5 Häuserblocks langen Teilstücks.

Auch die anschließende Tour nach Oklahoma City machen wir auf der Interstate und begeben uns erst anschließend wieder auf die 66, um nach Tulsa zu kommen. Vom Fahrerischen her ein eher langweiliger Abschnitt mit endlosen schnurgeraden Zwischenspielen. Man atmet richtig auf, wenn man zwischendurch die Cruise Control abschalten darf in der flachen, agrarlastigen Landschaft. Das Rock Cafe bietet eine willkommene kulinarische Abwechslung.

Unseren letzten Route 66 Abschnitt treten wir am 08.10.14 an, um nach Springfield Missouri zu fahren. Schrottautos und verfallene Vergangenheit mischen sich mit neueren, zumeist Bauerngehöften und machen die Stecke interessant, vom Fahren rede ich nicht.

Zum Abschluss unserers Route 66 Tete a Tetes besuchen wir mitten in Springfield den „Ursprung“ der Straße, weil hier der Name, oder besser gesagt die Nummer beschlossen wurde. Ein netter Laden mit superfreundlichen Leutchen bietet Infos an und zur Abwechslung mal keinen Kitsch.

Und so verabschieden wir uns von der Motherroad, die nach Nordosten weiterzieht, während wir der Schlechtwetterfront in den Süden folgen.